Die Jackie Chan Story: Kabel-eins-Doku zum 65. Geburtstag von „Chan the Man“ in der Kritik

Die Jackie Chan Story: Kabel-eins-Doku zum 65. Geburtstag von „Chan the Man“ in der Kritik

9. April 2019 Aus Von Thorsten Boose

Am 7. April 2019 feierte Jackie Chan seinen 65. Geburtstag. Ihm zu Ehren ließ der deutsche TV-Sender Kabel eins eine Dokumentation anfertigen, die am 8. April 2019 ihre Premiere fand. Leider schlichen sich hier einige Fehler ein, doch bevor man diese kritisiert, sollte man den Gedanken und den Aufwand hinter dieser abendfüllenden Doku gerade in Deutschland zu schätzen wissen.

Der Fernsehsender Kabel eins hat seit den 1990ern immer mal wieder einige von Jackie Chans besten Filmen über- und somit maßgeblich zur Fan-Bildung innerhalb Deutschlands beigetragen. Das allgemeine Interesse an Jackie Chans Filmen ließ in den vergangenen zehn Jahren merklich nach, umso überraschender die Ausstrahlung von »Die Jackie Chan Story«.

Beauftragt hat Kabel eins die Münchener Produktionsfirma Rachals Film (hier klicken), die bereits für Dokus wie »Die Will Smith Story«, »Marrakesch, die Perle des Orients« und »Otto – Die Doku« in Produktion gingen. Mit einer Lauflänge von 57 Minuten und 36 Sekunden, eigens für den Film arrangierten Interviews und Drehs an ehemaligen Filmsets stellt diese deutsche Produktion seit langem mal wieder eine kurzweilige Unterhaltung dar.

Doch leider schlichen sich bei der Recherche und Produktion einige Fehler ein. Hier die gravierendsten.

Bruce Lee starb an Herzversagen

Um Bruce Lees Tod ranken sich bis heute viele Mythen. Gerade einmal mit 32 Jahren starb der Filmstar und Philosoph überraschend; niemand wollte es wahrhaben. So entstanden diverse Gerüchte, dass er von der chinesischen Mafia, den Triaden, umgebracht wurde oder dass er gar nicht tot sei. Die genauen Umstände werden wohl nie öffentlich gemacht werden, allerdings hieß es im Obduktionsbericht, dass »Bruce Lee an den Folgen einer Hirnschwellung, ausgelöst durch eine allergische Reaktion auf das verabreichte Schmerzmittel« starb.

(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Bruce_Lee#Tod; Stand: 09.04.2019)

Jackie Chan besuchte ab 1962 eine Schule

Was viele nicht wissen, ist, dass Jackie Chan bereits vor seiner »Karriere« als Peking-Oper-Schüler eine reguläre Grundschule besuchte, nämlich die Nan Hua School. Doch Jackie hielt es dort als Sechsjähriger nicht lange aus, prügelte sich gerne, war unkonzentriert und lernte nie. Seine Eltern versuchten alles, ihren Sohn in den Griff zu bekommen, doch letztendlich entschieden sie sich, die China Drama Academy von Meister Yu Jim-Yuen zu besuchen.

Übrigens war es Jackie selbst, der dort bleiben wollte, gezwungen wurde er von seinen Eltern nie. Seine Ausbildung begann 1961 und endete 1971 nach zehn harten, prägenden Jahren. In der Jackie Chan Film Gallery in Shanghai hängt der unterzeichnete Ausbildungsvertrag.

Mehr über diese Anfänge verbunden mit Jackie Chans ersten Erfahrungen in der Filmbranche gibt’s in meinem Artikel „Entdeckung: Jackie Chan dank Vergleich von Filmaufnahmen in »The Golden Hairpin« von 1963 entdeckt?„.

Jackie Chan wollte immer Sänger werden

Kurz und knapp: Jackie Chan ist ein Sänger. Ob er ein guter Sänger ist, wage ich nicht zu kritisieren, da scheiden sich die Geister, aber Fakt ist, dass er bereits vor seinem ersten offiziellen Song »Kung Fu Fighting Man«, das englischsprachige Theme zum Film »The Young Master« (1980) ein herausragender Sänger war.

Allerdings war das zu Schulzeiten im Team der Seven Little Fortunes und gesungen wurden Chinesische Opern, kein westlicher Pop, Rock oder ähnliches. Im Laufe seiner Karriere hat Jackie Chan mehrere Alben und über einhundert Songs aufgenommen. Die Motive hierfür liegen auf der Hand: Charity, Familie, Geschichten erzählen.

Seine Autobiografie erschien kurz vor seinem 65. Geburtstag

Bereits 1998 veröffentlichte Jackie Chan seine Lebensgeschichte im Buch »I Am Jackie Chan – My Life In Action« (auch auf deutsch erhältlich) und schon hierin erzählt er Geschichten aus seinem Privatleben, die seinem »happy go lucky«-Image widersprechen. Er protzt mit Geld und bricht Herzen. Über all das berichtet er zu einer Zeit, als er in Hollywood und damit weltweit endlich ein Megastar wird. Der Schachzug ist riskant, zahlt sich aber aus, Jackie Chan verdient sich Sympathiepunkte.

2015 dann der Eklat: Seine zweite Autobiografie »Growing Old Before Growing Up« (alias »Never Grow Up, Only Get Older«) erscheint auf Chinesisch. Schon davor waren die Chinesen um Jackie Chans Ansehen gespalten, doch jetzt ging der Star noch mehr ins Detail. In Asien kannte man die Geschichten größtenteils schon, wenngleich nicht so detailliert, doch das Management bemerkte, dass sich die Zeiten seit »Rush Hour« (1998) geändert haben.

Mit Ach und Krach gelang es, eine russische Übersetzung anzufertigen, doch lange Zeit hörte man nichts mehr über das Buch (eine Sonderausgabe nach Erhalt seines Ehrenoscars erschien ebenfalls auf Chinesisch). Bis im Dezember 2018 dann endlich die langersehnte englische Übersetzung unter dem neuen Titel »Never Grow Up« erschien; ein gefundenes Fressen für die westlichen Medien, die jetzt erstmals über die Eskapaden ihres Helden hörten.

In reißerischer Journalistenmanier bieten Aussagen Jackie Chans wie »Ich bin Analphabet« und »Ich habe meine Familie vernachlässigt« den perfekten Nährboden für Geschichten, die eine große Leserschaft ansprechen. Die Aussage von Steven Gätjen, seine Biografie erschien kurz vor seinem 65. Geburtstag lässt sich leicht widerlegen.

Jackie Chan steht nicht zu seiner unehelichen Tochter

Diese in der Doku gemachte Aussage ist schlichtweg falsch! Als Jackie Chan 1999 erfuhr, dass aus dem Seitensprung mit der ehemaligen Miss Asia, Elaine Ng, ein Kind hervorgehen würde, stand er ihr bei und versicherte ihr, für sie und ihr gemeinsames Kind zu sorgen. Was dann passierte, lag kaum in Jackies Macht: Elaine Ng verbot Jackie Chan, sie und ihre Tochter finanziell und emotional zu unterstützen; sie wollte keine Hilfe und ihre Tochter Etta alleine großziehen.

Die Schlagzeilen waren damals voll von Jackies Fehler, wie er selbst zugibt, ihn begangen zu haben. Es hätte ihn beinahe die Karriere gekostet. Doch auch über die Jahre hinweg ließ er seine vertrauten Stuntmen immer mal nach dem Rechten bei Elaine und Etta sehen, verdeckt natürlich. Er wollte sicher gehen, dass es ihnen gut geht, doch Kontakt wollten sie nicht zu ihm.

Als Etta Ng Ende April 2018, kurz nach Jackies Geburtstag, ein YouTube-Video online stellte und mit den Worten begann »Hallo, ich bin Jackie Chans Tochter«, sollte Jackie das Image eines homophoben Rabenvaters erhalten. Die Aktion war so geschmacklos, dass sich Mutter Elaine einmischte und ihre Tochter rügte. Nachzulesen im Artikel „Jackie Chans Tochter behauptet, sie sei obdachlos wegen homophoben Eltern„.

»Rumble In The Bronx« war Jackies erster US-Film

Auch diese Aussage im Film ist einfach falsch und ungenügend beleuchtet. Jackie Chans erster US-Film, der auch in den USA spielt, war »The Big Brawl« (1980). Es folgten Gastauftritte in den amerikanischen Produktionen »The Cannonball Run« (1981) und »Cannonball Run II« (1984), bevor er mit »The Protector« (1985) seine zweite Hauptrolle in einer reinen US-Produktion erhielt.

Zudem ist »Rumble In The Bronx« alles andere als eine US-Produktion, man vermag es aber dank westlicher Einflüsse zu denken. »Rumble In The Bronx« (1995) ist eine Hongkong-Produktion und Jackies erster HK-Film, den er zu großen Teilen auf Englisch aufnahm, um bessere Chancen auf dem internationalen Markt zu haben.

Mehr über Jackies Filme lässt sich in »Der neue deutsche Jackie Chan Filmführer« nachlesen.

Der neue deutsche Jackie Chan Filmführer, 2018

Jackie Chan geht zu eigenem Sohn auf Distanz

Noch eine Aussage, die in »Die Jackie Chan Story« sehr konstruiert erscheint, vor allem in Bezug auf Jackie Chans Beziehung zur Smith-Familie. Als die Dreharbeiten zu »The Karate Kid« begannen, war Jackie beeindruckt, wie sehr Will Smith und seine Frau Jada Pinkett Smith ihren gemeinsamen Sohn Jaden bei seiner eigenen Karriere unterstützten.

Doch Jackie tat schon immer dasselbe. Als Teenager wollte Jaycee immer Sänger und Komponist werden und Jackie sagte »Gut, mach das!«. Als er dann älter wurde und ab und zu am Filmset seines Vaters zu Gast war, wie zum Beispiel bei »First Strike« (1996) und »Shanghai Noon« (2000), fand Jaycee Gefallen an der Arbeit seines Vaters. Bis heute standen Vater und Sohn in mehreren Filmen vor der Kamera, zuletzt in »Railroad Tigers« (2016). Und an »Bleeding Steel« (2017) arbeiteten beide sogar als Produzenten zusammen.

In Wahrheit führen sie sogar eine Fimfirma zusammen: Jackie & JJ Productions. Die drei J stehen für Jackie, Jaycee und Joan Lin Feng-Jiao, Jackies Frau und Jaycees Mutter.

Jackie Chan, Joan Lin Feng-Jiao, Jaycee Chan

Die Aussage, Jackie Chan ginge auf Distanz zu seinem eigenen Sohn, ist nicht haltbar. Jackie ist ein Familienmensch, auch wenn er nicht dem typischen Bild eines Familienvaters entspricht. Doch zum Muttertag kündigte Jaycee Chan einen eigenen Film an, den Jackie liebend gern unterstützt. »Beijing From Nine To Five« ist derzeit in Post-Produktion.

Darüberhinaus verfolgt Jaycee Chan seit vielen Jahren eine eigene Gesangskarriere und ist ein begnadeter Sänger und Songschreiber. 2014 schrieb er das Lied „Peace Song (在春天)“ extra für seinen Vater zum 60. Geburtstag, der es erstmals auf dem „Peace & Love & Friendship“-Konzert in Peking sang und 2018 auf sein neues Album packte. Jaycee produzierte auch das dazugehörige Musikvideo und schrieb einen weiteren Song von Jackies Album „I Am Me“ (2018) namens „Don’t Give Up (別放棄)“, welches bereits 2010 auf seinem Album „Chaos“ von Jaycee selbst eingesungen wurde.

Von Distanz keine Spur!

Jackie Chan stand in Musicals auf der Bühne

Einer der Lieblingsfilme von Jackie Chan ist in der Tat »The Sound Of Music« (1965). Und obwohl er mit den Seven Little Fortunes als Schüler der China Drama Academy öfter auf den Hongkonger Bühnen der Chinesischen Oper auftrat, so spielte Jackie noch nie einen Part in einem westlichen Musical. Die in der Dokumentation »Die Jackie Chan Story« gezeigten Schwarz-Weiß-Plakate gehören zur Promo des Films »The Inspector Wears Skirts II« (1989), den Jackie unter seiner damaligen Filmfirma Golden Way Films produzierte.

Promo-Poster zu ''The Inspector Wears Skirts II'' - copyright by Golden Way Films 1989
Promo-Poster zu ''The Inspector Wears Skirts II'' - copyright by Golden Way Films 1989

Aber wer weiß, vielleicht ändert sich das in Zukunft. Denkbar wäre es, arbeitete Jackie Chan doch schon vor Jahren an einem eigenen Musical, basierend auf seinem Leben. Erste Probeläufe wurden gut bewertet, doch eine Tour steht noch nicht an.

Mehr dazu im Artikel „Jackie Chan bald mit eigenem Musical in Hamburg, Köln und Stuttgart?„.

Making of „Die Jackie Chan Story“

Am 27. Mai 2019 stellten die fantastischen Jungs von MartialClub (hier klicken, um zum YouTube-Kanal zu gelangen) ein Video online, dass das Kampfsport-Trio hinter den Kulissen zu den Dreharbeiten der Kabel-eins-Doku „Die Jackie Chan Story“ zeigt. Andy Cheng lud die drei Akrobaten zu sich in seine US-Wushu-Schule ein, wo er für den deutschen Fernsehsender exklusive Interviews und Demonstrationen seiner Kampfkunst vor der Kamera gab.

Nicht nur ist dieser Gastauftritt von MartialClub eine Ehre für die das Trio, sondern auch für die Fangemeinde um Jackie Chan. Denn was bei den YouTubern im Kleinen begann – Videos mit nachgestellten Kampfszenen aus Jackies Filmen – entwickelt sich immer rasanter zu einer echten Filmkooperation heran. Bereits für einen WildAid-Werbespot griff das Trio bei der Choreografie dem Meister unter die Arme. Die Ansage am Ende dieses „Behind the Scenes“-Material ist mehr als zukunftsweisend und aussagekräftig.