Willie Chan, Jackie Chans Manager und Mentor, stirbt mit 76. Ein Tribut.
Willie Chan wurde am 22. Mai 1941 als Chan Chi-Keung in Malaysia geboren. Er besuchte das East-West Center auf Hawaii. Den Uniabschluss erlangte er 1966 im Masterfach Marketing, wahrscheinlich genauso wie seine Vorliebe zu bunten Hawaiihemden, neben seiner getönten Brille und den „fancy“ Frisuren sein Markenzeichen. Um in der Filmbranche Fuß zu fassen, zog es ihn 1970 nach Hongkong, wo er als Talentmanager und Filmproduzent für die gerade neu gegründete Filmfirma Golden Harvest arbeitete.
1975: Willie Chan trifft Jackie Chan
Die Vorstände von Golden Harvest waren Raymond Chow und Leonard Ho, beide angesehene, ehemalige Filmemacher unter den Shaw Brothers, die Bruce Lee zum Helden machten. Nach dem tragischen Tod von Bruce Lee 1973 suchte jedes Studio einen Ersatz, um den Umsatz hochzutreiben, so auch Golden Harvest. Währenddessen war ein eher unbekannter Jackie Chan immer noch als Stuntman und Stuntkoordinator mit vereinzelten Nebenrollen in den Wirren des Hongkong-Kinos unterwegs.
Es war Charlie Chin Chiang-Lin, damals ein taiwanesischer Superstar, der Jackie Chan als einen seiner Bodyguards zu seiner Hochzeit mit Josephine Siao Fong-Fong 1975 einlud, weil er ihn im gemeinsamen Film „Police Woman“ (1973) beeindruckt hatte. Das Who-is-who der Hongkonger Filmbranche war zu Gast – so auch Willie Chan. Die beiden Chans, nicht verwandt oder verschwägert, lernten sich dort das erste Mal kennen, und schnell war dem Topmanager klar, dass dieser Junge Potenzial hat.
„Er ist zwar nicht besonders hübsch und hat eine dicke Nase, aber er hat auch das gewisse Etwas“, sagte Willie Chan öfter in Interviews über seinen Sprössling Jackie Chan.
Willie Chan
Willie Chan schlug den Youngster seinem damaligen Boss Lo Wei vor, der, wie er selbst behauptete, für die Entdeckung von Bruce Lee verantwortlich war. So wurde Jackie Chan erstmals unter Vertrag genommen und der Film „New Fist of Fury“ (1976) entstand als einer der berühmten Lee-Erbe-Filme. Es folgten viele weitere Filme unter Lo Wei, die alle nicht sehr erfolgreich waren und vor allem nicht Jackie Chans Genie zeigen konnten. Charlie Chin und Jackie Chan arbeiteten später im Hit-Film „Winners and Sinners“ (1983) und weiteren erfolgreichen Action-Komödien zusammen.
Die Chans machen gemeinsame Sache
Willie Chan war es, der 1978 den bahnbrechenden Zwei-Filme-Verleih Jackies an die Firma Seasonal Films einleitete („Snake in the Eagle’s Shadow“ und „Drunken Master“) und ein Jahr später die Fäden zog, um Jackie aus dem karrierevernichtenden Vertrag mit Lo Wei zu befreien – eine buchfüllende Geschichte für sich. Seitdem gingen Willie und Jackie Chan gemeinsam berufliche Wege, besiegelten ihre Geschäfstbeziehungen 1979 mit einem Händedruck (nie schriftlich!), lernten 1980 auf ihrem USA-Trip gemeinsam Englisch an der Berlitz-Schule, gründeten 1985 Jackies Filmfirma Golden Way Films und viele weitere Abkömmlinge.
Michelle Yeoh wurde von Willie Chan entdeckt
Doch Willie Chan vertrat nicht nur seinen Freund und Mandanten Jackie Chan. Er gilt auch als der Entdecker von Michelle Yeoh, die er 1983 in ihrer gemeinsamen Heimatstadt Ipoh traf. Die damals gerade überraschend zur Miss Malaysia gewählte Michelle Yeoh traf auf einer Party den Topmanager.
„Sie war sehr attraktiv, aber ich ging nicht auf sie zu, da ich annahm, sie wäre mit ihrem Freund da. Und wenn ich dann gefragt hätte, ob sie ein Star werden wolle, wäre das wohl falsch angekommen.“
Willie Chan
Dennoch hinterließ sie einen Eindruck und so empfahl er sie Dickson Poon Dik-Sang für zwei Werbespots, einen mit Jackie Chan von 1984 für die Luxusuhrenmarke Guy Laroche.
Michelle Yeoh fand schnell Gefallen an der Arbeit vor der Kamera und bat Willie Chan, sie zu managen. Dabei wollte sie entweder zu Jackies Firma, Golden Harvest oder zu Dickson Poons D&B Films. Willie Chan empfahl Michelle Yeoh D&B Films, weil er nicht an ihre Kampffähigkeiten glaubte. Falsch gedacht, denn weltweit erarbeitete sich Michelle Yeoh den Ruf eines weiblichen Jackie Chans im Film „Police Story III: Supercop“ (1992), der ebenfalls von Willie Chan co-produziert wurde.
Auch in Sachen Drama investierte der Topmanager. So zum Beispiel in Stanley Kwans „Centre Stage“ (1992), produziert von Jackies Filmfirma, und auch der Hit von 2009 „Shinjuku Incident“, wofür er als bester Produzent bei den Hong Kong Film Awards nominiert wurde.
Der Talentmanager Willie Chan
Zusammen mit der Golden Way Filmfirma wurde die JC Group 1985 gegründet, die als Talentschmiede für Jackies Filme agierte. Über 50 Schauspieler und Drehbuchautoren wurden hier entdeckt, ausgebaut und für Jackies Filme fit gemacht.
Erst 2009 zog sich der Filmförderer etwas zurück: „Letztendlich wurde er [Jackie Chan] so berühmt, dass ihm der Erfolg ein wenig zu Kopf stieg. Er brauchte meine Hilfe nicht mehr und ich konnte ihn auch kaum noch unterstützen“, sagte Willie Chan 2014 in einem Hongkonger Radio-Interview. „Da saßen viele ranghohe Offizielle am gleichen Tisch, reiche einflussreiche Personen. Meine Worte stießen auf taube Ohren.“
Familie und Freunde trauern um Willie Chan
Variety berichtete schnell, dass Willie Chan in der Nacht vom 24. auf den 25. Oktober friedlich im Schlaf starb. Er war 76 Jahre alt. Auch wenn er sich immer mehr aus den Beratertätigkeiten von Jackie Chan zurückzog, so blieben beide in freundschaftlichem Kontakt bis zuletzt. Jackie Chan schrieb zum Tod seines Mentors auf Facebook:
„Ein weiterer wichtiger Mensch in meinem Leben ist gestorben… Willie Chan. Viele Menschen wissen, dass ich heute nicht da wäre, wo ich bin, hätte es dich damals nicht gegeben. Was diese Menschen aber nicht wissen, sind all die Dinge, die wir gemeinsam durchgestanden haben. Nur du und ich wissen das und verstehen uns. Du bist mein Lehrer, mein Bruder, mein „Dai Lo“ [Großer Bruder]… ich werde dich immer vermissen. Ruhe in Frieden.“
„Danke für eure Anteilnahme und die herzlichen Nachrichten. Leider stehe ich immer noch unter Schock. Wir warten noch immer auf den medizinischen Bericht. Entschuldigt, dass ich nicht in der Lage bin, Anrufe oder Naxchrichten entgegenzunehmen, bis ich Gewissheit und Frieden habe. Wir werden auf jeden Fall mehr Informationen mit euch teilen, wenn wir mit dem Arzt gesprochen haben. An alle Freunde meines Vaters, Willie Chan, an die Familie und Fans: er hat seinen Frieden.“
Auch wenn die breite Öffentlichkeit Willie Chan nicht kennen mag, ist er doch maßgeblich an Erfolgen vieler Filme und Schauspieler beteiligt. Er selbst agierte überwiegend hinter der Kamera. Wer ihn aber mal vor der Kamera sehen möchte, muss tief im Hongkong-Filmarchiv graben, kleinere Rollen hatte er in „If Tomorrow Comes“ (1973), „Lucky, Lucky“ (1974), “The Country Bumpkin” (1974) und “Money Is Everything” (1975).
Ruhe in Frieden, Willie Chan, danke für alles, was du für uns getan hast!