Auf den Spuren des Drachens: Jackie Chans Familienstammbaum
Es dürfte kaum einen überraschen, dass Jackie Chan nicht der echte Name des bekannten Filmstars aus Hongkong ist. Die Wahrheit über seinen Namen und seine Herkunft hat aber selbst Jackie schockiert, als ihm Ende der 1990er Jahre von seinem Vater eine Wahrheit offenbart wurde, die viele Chinesen ihrer Zeit betraf.
Am Ende dieses Artikels habe ich in einer sehr großen Bilddatei eine grafische Übersicht der Wirren in Jackie Chans Familienleben dargestellt. Doch bevor ich euch diese Arbeit von mehreren Wochen präsentiere, möchte ich einen Rückblick starten und Dinge erklären, die aus dem Familienstammbaum im Anhang so nicht zu erkennen sind.
Jackie Chan erfährt die Wahrheit
Jackie Chan wurde am 7. April 1954 in Hongkong als einziger Sohn von Charles Chan und Lily Chan geboren. Als Kind war er hyperaktiv, saß nie still und war der Pausenclown in der Schule, sodass die Lehrer mit ihm nie klarkamen. Irgendwann entschied sich Vater Charles Chan, seinen Sohn in die Obhut von Meister Yu Jim-Yuen zu bringen, bei dem er die Kunst der Pekingoper unter härtesten Bedingungen erlernen sollte.
Zehn Jahre lang dauerte Jackie Chans Ausbildung, die ihm nicht nur Kampfkunst, sondern auch Singen, Akrobatik, Schauspiel und mehr lehrte. Alles Fähigkeiten, die ihm im späteren Leben beim Film noch nützlich sein sollten. Unterdessen mussten seine Eltern aus beruflichen Gründen – so sagte man ihm – nach Canberra, Australien, ziehen.
Als Jackie 1978 nach mehreren Fehlschlägen endlich der Durchbruch gelang, folgte ein Erfolg an den Kinokassen nach dem anderen. Fortan war Jackie Chan nur noch von Filmset zu Filmset und rund um die Welt für Promotion unterwegs. Oft begleitete ihn sein Vater Charles Chan, um die verlorene Zeit mit seinem Sohn zu verbringen. Und desöfteren bekam Jackie mit, dass sein Vater immer mal wieder Geld nach China schickte.
Jackie hinterfragte das nie, aus Respekt seinem Vater gegenüber und weil er einfach keine Zeit hatte für private Angelegenheiten. Doch Ende der 1990er Jahre, als Jackie mit »Rush Hour« (1998) nun der weltweite Durchbruch als Superstar gelang, nahm sein Vater ihn zur Seite und erzählte ihm seinen eigenen Lebensweg. Auch wenn Jackie bereits einiges ahnte, so erstaunte ihn die Geschichte aus dem Mund seines eigenen Vaters zu hören, doch so sehr, dass er sich entschloss, das alles für die Nachwelt festzuhalten. Kurzerhand engagierte er die Filmemacherin Mabel Cheung und es entstand der preisgekrönte Dokumentarfilm »Traces Of A Dragon: Jackie Chan & His Lost Family« (2003).
Die Geschichte des Charles Chan Chi-Ping
Charles Chan Chi-Ping wurde im Jahr 1915 in Shandong, China, als Fang Daolong geboren und gehört somit dem Familienstammbaum der Fangs an. Das damalige ländliche Leben war so hart, dass seine Familie nach Wuhu, in Anhui, China, zog, als er neun Jahre alt war, und kurz darauf weiter nach Nanking.
In Nanking besuchte Charles Chan die Schule, bis er sie mit 15 ohne Abschluss verließ. Er ging direkt nach Shanghai und begann eine Lehre als Tuchhändler. Sein Vater brachte ihm schon ein wenig Kampfkunst bei, doch mit 16 besuchte er drei Jahre lang die Hong-Boxschule von Meister Zhang in Shanghai; meistens wurde er dort von seiner Frau trainiert. Mit 20 beendete er seine Lehre und kehrte nach Nanking zurück.
Charles Chans Vater, Jackie Chans Großvater also, war ein angesehener Mann im Militär und besorgte seinem Sohn eine Anstellung bei General Gu als Leibwächter. Doch weil Charles Chan schusselig war und seine Waffe im Dienst fallen ließ, wurde er gefeuert. Fortan jobbte er mit sieben Kumpels, bis er in Wuhu auf einem Mitsubishi-Schiff landete und Waren von Nanking nach Wuhu und zurück schmuggelte.
Damals fand der Chinesisch-Japanische Krieg statt, die Japaner besetzten Landteile von China. Charles Chan erwischten sie beim Schmuggel und warfen ihn ins Gefängnis – allerdings nicht wegen des Schmuggels, sondern weil sie keinen Anteil abbekamen. Nach vier harten Tagen wurden sie gezwungen, einer Hinrichtung zuzusehen. Danach wurden sie wieder weggesteckt, um eine Woche später erneut einer Hinrichtung beiwohnen zu müssen.
»Wir dachten, wir werden verrückt«, erklärt Charles Chan mit aufgerissenen Augen in der erwähnten Dokumentation im Beisein seines Sohnes Jackie. Dank Kontakte zur Armee wurden Charles und seine Kumpels schließlich freigelassen, doch nur fünf von sieben schafften es lebend heraus. Charles Chans Vater bat erneut General Gu um Unterstützung, der Charles diesmal als Geheimagent unter Leitung von Dai Li einsetzte.
Doch wegen der Inflation und miesen Bezahlung konnten sie sich kaum etwas zu essen leisten, weshalb er und seine Bande den Dienst quittierten und wieder nach Shanghai gingen. Charles Chan war der Anführer der berüchtigten Shandong-Bande – so berüchtigt, dass man einen Mordanschlag auf die Bande verübte, wenige Tage vor dem offiziellen Anschlag auf Dai Li selbst. Charles Chan wurde mehrmals von Kugeln getroffen, aber überlebte.
Als Nationalist war er ein gern gesehenes Ziel der Kommunisten und ständig auf der Flucht. So flog er wieder nach Chungking und drei bis vier Monate später zurück in die alte Heimat zu seinen Eltern. Dort musste er erfahren, dass seine Eltern und seine ältere Schwester bei Luftangriffen getötet wurden. Die Shandong-Bande zog um die Häuser, alles lag in Trümmern, und versuchte irgendwie zu überleben.
In Anhui lernte Charles Chan Jahre später seine erste Frau kennen, deren Name leider unbekannt bleibt. Sie heirateten in Wuhu und bekamen zusammen zwei Söhne. Als der ältere Sohn ca. 8 Jahre alt war, es muss um 1947 gewesen sein, verstarb Charles Chans Ehefrau an Krebs. Zur selben Zeit brach der Bürgerkrieg in China aus. Als Nationalist musste Charles Chan fliehen und ließ seine beiden Söhne zurück.
Seine Flucht führte ihn wieder nach Shanghai, wo er im Hafen Arbeit als Kontrolleur fand. Eines Tages erwischte er eine junge Dame beim Schmuggeln, ließ sie aus Mitleid aber gehen. Sie sollte später die Mutter von Jackie Chan werden. Die Jahre vergingen ohne Kontakt zu seinen kleinen Söhnen, und als 1949 die Gründung der Volksrepublik ausgerufen wurde, mussten die besiegten Nationalisten erneut fliehen. Die Primärziele waren Taiwan und Hongkong.
Diesmal schien es jedoch für immer zu sein und Charles Chan war bewusst, dass er seine Söhne nie wieder sehen würde. Er änderte seinen Namen von Fang Daolong offiziell in Chan Chi-Ping und nahm so quasi den Familiennamen seiner Freundin an, jener Dame, die er wenige Jahre zuvor am Hafen hatte gehen lassen und mit der er seither eine Beziehung führte.
Etwa um 1948/49 floh Charles Chan mit dem Expresszug nach Hongkong, wo er über einen Freund eine Anstellung im französischen Konsulat auf dem Victoria Peak fand, wo er das Kochen lernte und erstmal Mädchen für alles war. Kurze Zeit später folgte ihm Lily Chan, seine Freundin, sie heirateten in Hongkong und gründeten eine neue Familie mit Jackie Chan als ihrem ersten und einzigen gemeinsamen Kind.
Die Geschichte der Lily Chan
Über Jackie Chans Mutter ist weniger bekannt, als über seinen Vater. Das mag wohl allgemein mit der damaligen Stellung der Frau in der chinesischen Gesellschaft zu tun haben. Lily Chan wurde als Nachzügler ihrer Eltern 1916 in Wuhan, China, als Chen Yuerong geboren. Ihre Mutter erzog sie eher wie einen Sohn, damit sie für die harte Welt gewappnet ist.
Ihre Mutter betrieb ein Lebensmittelgeschäft, ähnlich eines Tante-Emma-Ladens, das gut ging und leitete die Heirat zwischen ihrer Tochter und einem angesehenen jungen Mann der Gegend in die Wege. Beide bekamen zwei Töchter, doch Lilys Ehemann wurde im Krieg, am ersten Tag des japanischen Luftangriffs auf Wuhu, von einer Bombe getötet, an dem Tag, als die ältere Tochter mit knappen vier Jahren sein Essen an den Bahnhof, wo er arbeitete, brachte.
Lily nahm ihre jüngere Tochter und durchforstete die Trümmern am Bahnhof auf der Suche nach ihrer Erstgeborenen – sie fand sie. Doch wegen des Krieges und dem Wegfall des Brötchenverdieners in der Familie wollte ihre Schwiegermutter sie an einen wohlhabenden Mann aus der Gegend verkaufen. Schockiert davon griff Lily Chan ihre beiden Töchter und lief zurück zu ihrer eigenen Mutter. Aus der Not heraus begann sie, Opium zu schmuggeln, als sie eines Tages am Hafen einen Kontrolleur kennenlernte, der sie freundlicherweise gehen ließ und nicht ins Gefängnis steckte.
Lily Chan schmuggelte aber nicht nur Opium. Als sie ohne ihre Kinder nach Shanghai floh, war sie dort im Untergrund schnell als »Dritte Schwester« bekannt. Sie kam mit einer Peitsche ins Casino, war eine Spielerin, trank und rauchte wie ein Schlot. Nebenher arbeitete sie als Dienstmädchen in der gehobeneren Shanghaier Gesellschaft und brachte sich selbst Englisch bei. Sobald Lily Chan Fuß fasste, dies geschah mithilfe eines uns schon bekannten Hafenkontrolleurs, holte sie ihre beiden Töchter nach Shanghai nach.
Doch als die Beziehung zu Charles Chan ernster wurde, gab sie alles in Shanghai auf und folgte ihrer Liebe im April/Mai 1951 nach Hongkong. Lily Chan ließ ihre beiden Töchter zurück, nahm den Zug nach Macau und ging im Hafen von Macau als blinder Passagier an Bord eines kleinen Schiffes, das die Segel nach Hongkong setzte – einige Flüchtlinge starben regelmäßig auf dieser Route.
In Hongkong wartete Charles Chan bereits auf seine Freundin, besorgte ihr einen neuen Namen (Lily) und eine Festanstellung im französischen Konsulat als Dienstmädchen, beide heirateten und begannen mit der Geburt Jackie Chan 1954 ihr neues Leben – immer mit den stillen Gedanken an ihre Familien irgendwo in China, tot oder lebendig.
Die gemeinsame Geschichte von Jackie Chans Eltern
Als wären die jeweiligen Geschichten von Jackie Chans Eltern durch Kriege, Umzüge, Tode und illegale Geschäfte sowie dubioser Spionage nicht schon verwirrend genug, klaffen ab 1954 gravierende Lücken im gemeinsamen Lebenslauf der beiden.
Fakt ist, dass beide für das französische Konsulat auf dem Victoria Peak in Hongkong arbeiteten. Sie lebten in einem Wohnblock für Dienstangestellte im obersten Stock, ganz in der Nähe.
Dort zogen sie auch den kleinen Jackie auf, der es gewohnt war, mit den Kindern der Botschafter aus aller Welt zu spielen. Seine erste Liebe in ganz jungen Jahren verteidigte Jackie sogar vor einheimischen Raufbolden. Ab 1961 besuchte Jackie dann die China Drama Academy von Meister Yu Jim-Yuen, während seine Eltern weiterhin auf dem Peak lebten und arbeiteten.
Nur einige Monate später erklärte Charles Chan seinem Sohn Jackie, dass er eine ganze Weile weg müsse, nach Australien, und dass sie sich lange Zeit nicht sehen würden. Hier widersprechen sich die offiziellen Angaben: Charles Chan wurde nämlich im Dienst versetzt, so heißt es, und folgte seinem Boss, Botschafter Marshall Green, nach Canberra in Australien. Doch im französischen Konsulat konnte Marshall Green unmöglich sein Boss gewesen sein, da dieser Botschafter des US-Konsulats war.
Durch irgendwelches unbekanntes Vorgehen musste Charles Chan unweigerlich als Angestellter des französischen Konsulats in Hongkong zu einem Angestellten der US-Botschaft in Canberra gewechselt sein. Das scheint doch sehr unüblich, und gerade auf diesen Wechsel wird in keiner Quelle hingewiesen. Später komme ich aber zu diesem Punkt zurück.
Während Charles Chan also in Canberra ab sofort für die US-Botschaft arbeitete, lebte seine Frau Lily Chan weiterhin auf dem Peak und arbeitete für das französische Konsulat weiter. Doch kurze Zeit später verließ auch sie Hongkong und damit Jackie, um Charles nach Canberra zu folgen. Zwischen etwa 1963 und 1971 lebte Jackie alleine bei Meister Yu Jim-Yuen mit dutzenden anderen Schülern der China Drama Academy.
Anders als bei seiner ersten Familie hielten Charles Chan und seine Frau Lily diesmal aber Kontakt zu ihrem gemeinsamen Sohn Jackie und schickten regelmäßig Tonbänder mit ihren Stimmen und etwas Geld. Zu seinem Abschluss 1971 war Charles Chan in Hongkong anwesend und zeigte Jackie eine Wohnung, die er für seinen Sohn kaufte und worin Jackie ab 1971 wohnte – die Wohnung ist bis heute im Besitz von ihm.
Wie kann sich ein einfacher Dienstangestellter einer Botschaft im Ausland eine Eigentumswohnung mitten in Hongkong leisten und diese schuldenfrei abbezahlen? Jackies Eltern hatten jahrelang geackert und Geld gespart, um genau das zu tun. Sie wollten in ihrer zweiten Chance endlich ihrem Nachwuchs ein besseres Leben bieten können, was sie bei ihren Familien auf dem chinesischen Land nie hatten tun können.
Bekanntermaßen probierte Jackie Chan sein Glück im Hongkong-Film, hatte 1978 schließlich Erfolg und war ab 1980 ein Superstar in ganz Asien und später auch der ganzen Welt. Während Jackie in den 80ern um die Welt reiste, oft begleitet von seinem Vater, machte Charles Chan tatsächlich dank der Hilfe der Botschaft seine beiden Söhne in China ausfindig – doch er erzählte Jackie noch nichts davon.
Charles Chan schickte immer mehr Geld nach China, schrieb Briefe und nahm auch wieder persönlichen Kontakt zu seinen Söhnen auf, die ihren Vater seit Jahrzehnten nicht gesehen hatten. Jackie Chan schien etwas zu ahnen, vor allem weil seine Mutter Lily Chan in den 90ern ihre Tochter nach Canberra holte, damit sie sich um ihre alternde Mutter kümmerten. Es konnte also sein, dass Jackies Vater auch eine zweite Familie hatte. Und genau das wurde ihm von seinem Vater offenbart und in der angesprochenen Dokumentation »Traces Of A Dragon: Jackie Chan & His Los Family« (2003) porträtiert.
Die Geschichte von Jackie Chans Halbgeschwistern
Jackie Chan erfuhr erst von seinen beiden Halbschwestern, die Töchter seiner Mutter. Chan Yulan war die ältere Tochter, geboren ca. 1943, Chan Guilan, die jüngere Tochter wurde etwa 1949 geboren. Chan Yulan war diejenige, die am Tag des Todes ihres Vaters ihm das Essen bringen wollte und die von ihrer Mutter und ihrer kleinen Schwester in den Trümmern gefunden wurde.
Mit zwölf Jahren begann sie in Shanghai zu arbeiten, weil ihre Mutter arm war. Auch nachdem sie ihre Mutter verließ, arbeitete die kleine Chan Yulan und zog ihre jüngere Schwester groß. Sie lebte einmal in Xinjiang. Als Charles ihr einen Brief schrieb, bekamen die Kommunisten ihn in die Finger und trieben seine Schwiegertochter in grausamer Tradition die Straße hinunter und verhörten ihren Mann – Verdacht auf Spionage.
Chan Guilan, die jüngere Tochter, zog irgendwann nach Australien und kümmerte sich liebevoll um ihre Mutter bis zu ihrem Tod im Februar 2002.
Auch wenn Jackie Ende der 90er Jahre endlich von seinen Halbbrüdern auf dem Land erfuhr, so dauerte es noch bis 2013, bis er sie schließlich in ihrer Heimat Wuhu besuchte. Fang Shide, der ältere Bruder, wurde 1940 geboren, Fang Shisheng, der jüngere, um 1946. Erinnerungen an ihren Vater hatten die beiden jahrzehntelang kaum, doch Fang Shide dachte oft an seinen Vater.
Da es im Krieg weder Arbeit noch Essen oder Erziehungsberechtigte gab, spielten Fang Shide und Fang Shisheng den ganzen Tag draußen. Ab 1966 mussten er und sein Bruder betteln, so arm waren sie. Wo Fang Shide nie gegen das System stoß und sich immer fügte, legte sich Fang Shisheng als Revoluzzer immer gerne mit dem Regime an. Fang Shide arbeitete als Briefträger, Fang Shisheng, der als »Giftiges Unkraut« betitelt wurde und sogar sieben Jahre Umerziehung auferlegt bekam, baute sich einen kleinen Schweinestall, in dem er fortan arbeitete.
Beide Söhne trafen nach Jahrzehnten erst 1985 am Bahnhof von Guangzhou wieder auf ihren Vater Charles Chan. Fang Shisheng, der jüngere der beiden, erzählte in der Dokumentation, dass er die ganzen Jahre über immer von seinem Vater träumte, wie er in einem Flugzeug sitzt, das im Himmel fliegt, aber nie landen darf, weil es keinen Flughafen gibt.
Die Geschichte des Jackie Chan
Wir springen, um uns nicht wiederholen zu müssen, direkt ins Jahr 1982. Um genau zu sein zum 1. Dezember 1982. Der Ort war Los Angeles, USA, und nur wenige Augenzeugen befanden sich in einem kleinen Amtszimmer. Vor einem Beamten standen eine hochschwangere Joan Lin Feng-Chiao, ehemalige erfolgreiche Schauspielerin aus Taiwan, und Jackie Chan. Das Paar heiratete im Geheimen. Zwei Tage später kam ihr gemeinsamer Sohn Jaycee Chan zur Welt.
Als die Presse in Asien erfuhr, dass Jackie Chan, der begehrteste Junggeselle Hongkongs, nicht mehr Single ist und sogar schon einen Sohn hat, stürzten sich japanische Fans in den Selbstmord. Seit diesem Tag an hielt Jackie Chan sein Privatleben absolut geheim und verbot seinem Team, über seine Familie zu sprechen.
Während Joan Lin Feng-Chiao sich aus dem Filmgeschäft zurückzog und den gemeinsamen Sohn Jacyee großzog, jettete Jackie um die Welt, von Film zu Film, von Termin zu Termin. Die Familie blieb auf der Strecke, doch zu den wichtigsten Terminen wie Jaycees Schulabschluss war der Vater anwesend.
Die Jahre vergingen, Jackies Erfolg nahm zu, und dank des weltweiten Durchbruchs von »Rush Hour« (1998) befand sich der Hongkong-Star nun auf einem Egotrip. 1999 ließ er sich auf eine Affäre mit dem ehemaligen Model Elaine Ng ein – aus diesem Stelldichein ging die gemeinsame Tochter Etta Ng hervor.
In den Artikeln »Etta Ng, Jackie Chans uneheliche Tochter, outet sich als lesbisch« und »Jackie Chans Tochter behauptet, sie sei obdachlos wegen homophoben Eltern« erkläre ich die Hintergründe genauer. Joan Lin Feng-Chiao und Jaycee Chan verziehen Jackie aber und gründeten gemeinsam sogar 2009 eine neue Familienfilmfirma Jackie & JJ Productions. (mehr dazu im Artikel »Filmlogos und deren Bedeutung: Jackie Chans Filmfirmen und deren Intros von 1980 bis heute«.
Die Geschichte der Fangs
Wie wir nun wissen, gehört Jackie Chan, sein Vater und dessen Vater der chinesischen Familie »Fang« an. Die Fangs lassen sich, wie andere Familienstämme auch, Jahrhunderte in Chinas Geschichte zurückverfolgen. Als in der Dokumentation »Traces Of A Dragon: Jackie Chan & His Los Family« (2003) Aufnahmen aus Wuhu gezeigt werden, dem Heimatdorf von Charles Chan und seinen Söhnen, wird das Kamerateam Zege des Familienschreins.
In dem Familienschrein liegen dutzende Unterlagen über Familienmitglieder der Fangs. Jackie, seine Frau Joan und ihr Sohn Jaycee wurden dem Familienstammbaum offiziell hinzugefügt. Doch in einer Einstellung sieht man ein bekanntes Gesicht, gezeichnet zwar, aber bekannt.
Dabei handelt es sich um Fang Xuanling, einem Politiker und Historiker der chinesischen Tang-Dynastie, der zwischen 579 und 648 gelebt haben soll. Fang Xuanlins Geburtsname lautete Fang Qiao und wurde postum sogar als Fürst von Wenzhao von Liang bekannt. Sein Einfluss auf Kaiser Tang Taizong, Namensträger der Tang-Dynastie, war so enorm, dass geschichtliche Anekdoten, die als Tatsachen anzusehen sind, im »Buch von Tang« aufgeschrieben wurden.
Die Geschichte von Fang Xuanling lässt sich heute im Detail auf bestimmten Websites und in geschichtlichen Lexika nachlesen. Die Parallelen zu den politischen und militärischen Beziehungen der Fangs im Chinesisch-Japanischen Krieg und schon davor sowie weiterhin danach ist verblüffend. Und als wäre das nicht genug, verarbeitet Jackie Chan seine Geschichte und die vieler Chinesen in seinem Blockbuster »The Myth« (2005) dank Elemente wie Militär und Zeitreisen.
Da es eine historische Lücke zwischen den Fangs aus der Tang-Dynastie und den Fangs der Qing-Dynastie und danach gibt, setzen chinesische Behörden seit Jahren unzählige Ressourcen ein, um die Familienstammbäume vom Land digital zu erfassen und so ein genaueres Bild der chinesischen Geschichte zu zeichnen. Es liegt nahe, dass in den nächsten Jahren und Jahrzehnten dieser Stammbaum rund um Jackie Chan erweitert werden wird.
Missing Link – Waren Jackie Chans Eltern ihr Leben lang Spione?
Wie im Artikel an mehreren Stellen erwähnt, war Jackie Chans Vater, Charles Chan Chi-Ping, der mit richtigem Namen eigentlich Fang Daolong hieß, ein chinesischer Nationalist zu einer Zeit, als in China permanent Krieg geführt wurde. Dank Kontakte zum Militär, die bereits sein Vater pflegte, wurde ihm seitens der Kommunisten gerne Spionage und andere illegale Tätigkeiten nachgesagt.
Die volle Wahrheit wird man wohl nie erfahren. Doch eine Sache bleibt verwunderlich: Ein Koch der französischen Botschaft in Hongkong wechselt nach Jahren im Dienst seine Anstellung in eine unbekannte berufliche Position zur US-Botschaft nach Canberra und muss quasi über Nacht aufbrechen. Zudem widersprechen sich Angaben, dass Charles Chan seinem Boss Marshall Green nach Australien folgte, der allerdings US-Botschafter war und durch den damaligen amtierenden US-Präsidenten Richard Nixon erst 1973 nach Canberra versetzt wurde – nicht Anfang der 1960er Jahre, wie die offiziellen Erklärungen im Fall Charles Chan voraussetzen; denn Jackie wurde gerade als Kind an der China Drama Academy aufgenommen, als sein Vater ihn verlassen musste.
War Charles Chan weiterhin als Spion tätig und wechselte – vielleicht unter Absprache verschiedene Länder – den Arbeitgeber, um in Australien Schutz in der US-Botschaft zu suchen? Solche Erklärungen sind keine Verschwörung, hat nämlich genau das sein Sohn Jackie Chan im September 2017 in einem Interview mit APP gesagt.
Hier klicken für den APP-Artikel.
Wer sind also diese Personen auf dem Foto, welches auf dem Victoria Peak, höchstwahrscheinlich auf dem Gelände der französischen Botschaft, geschossen wurde? Logisch wäre der damalige französische Botschafter samt Familie, doch bisher konnte ich nicht herausfinden, welcher von ihnen es damals gewesen sein konnte.
Hier klicken für die offizielle Übersicht französischer Botschafter in Hongkong.
Der Jackie Chan Familienstammbaum (Infografik)
Wie zu Beginn dieses ausführlichen Artikels erwähnt, präsentiere ich hier nun die von mir in wochenlanger Arbeit erstellte Infografik zu Jackie Chans Familienstammbaum (Family Tree). Wer im Abschnitt »Die Geschichte von Jackie Chans Halbgeschwistern« gut aufgepasst und sich das Foto genauer angesehen hat, dürfte wohl jetzt bemerken, dass nicht alle Familienmitglieder aufgelistet sind. Das liegt vor allem daran, dass trotz tiefgreifender Recherche von Filmmaterial, chinesischer Ahnentafeln und Informationen chinesischer Behörden sowie TV-Sendern viele Familienmitglieder anonym bleiben wollen.
Aufgrund der Brisanz um eine eventuelle Zugehörigkeit der berühmten Fang-Familie während der Tang-Dynastie hat sich die Volksrepublik China aber dazu verschrieben, die fehlenden Lücken zu schließen. Landesweit durchstreifen so seit Jahren Beamte die Familiendörfer und digitalisieren jahrhundertealte Ahnentafeln.
Die Zukunft wird sicherlich noch weitere Überraschungen über Jackie Chans Familiengeschichte parat haben. Und wenn diese öffentlich werden, wird genau hier darüber berichtet.
Zum Download der Infografik in höchster Qualität hier klicken.
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